Kuttenverbot,
und ewig grüßt das Kuttenverbot…
Die Bundesregierung hat am 26.09.2016 einen Gesetzesentwurf (Kuttenverbot) für eine Änderung des Vereinsgesetzes vorgelegt. Das Ziel dieser Gesetzesänderung ist ausdrücklich, die Abzeichen krimineller Rockergruppierungen aus dem Bild der Öffentlichkeit zu verbannen. Wir sollen glauben, daß so Kriminalität bekämpft und die persönliche Sicherheit der Bürger erhöht wird.
Diese vorverurteilende Rechtsänderung halte ich für eine gefährliche Augenwischerei, um von tatsächlich gravierenden Sicherheitsproblemen abzulenken. Angesichts der sehr einschränkenden Auslegung des Vereinsgesetzes an den Maßstäben des Grundgesetzes durch den BGH wird sich diese Gesetzesänderung hoffentlich – nach dem anstrengenden Ritt durch die Instanzen – als rechtswidrig erweisen.
Kennzeichenverbot (Kuttenverbot) durch Änderung des Vereinsgesetzes
Nach der Niederlage vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Juli 2015 in einem als „Kuttenverbotsverfahren der Bandidos“ bekannt gewordenen Verfahren, legt die Bundesregierung mit einem Vorschlag zur Änderung des Vereinsgesetzes nach. So hofft man, künftig die Kennzeichen (Colours u.a.) angeblich krimineller Rockergruppierungen vollständig aus der Öffentlichkeit verbannen zu können.
Zu vermuten steht, daß sich diesem Gesetzesvorhaben ein ähnliches Prozedere anschließt, wie es vor dem o.a. Urteil des BGH bereits durchgezogen wurde. Letzten Endes stehen die Chancen für ein Scheitern der erhofften Erfolge jedoch ganz gut.
In der Begründung der Bundesregierung zu diesem Gesetzesentwurf ist zu lesen, daß „kriminelle Rockergruppierungen“ einen Deckmantel für schwere und organisierte Kriminalität wie zum Beispiel Menschenhandel und Drogengeschäfte bieten. Mit dieser Gesetzesänderung würde im Sinne der „nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“ Kriminalität bekämpft und die „persönliche Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger“ weiter erhöht werden.
Schon diese Formulierung läßt erkennen, daß hier eine Stigmatisierung und Kriminalisierung einer leicht abgrenzbaren Personengruppe vorgenommen wird.
Wenn die Rede von „kriminellen Rockergruppierungen“ ist, dann fragt man sich doch, auf welches empirische Material zur Stützung dieser Behauptung zurückgegriffen wird. Natürlich gibt es auch in MCs straffällig gewordene Personen. Und es ist auch vorstellbar, daß ein Straftäter sich mit den Kennzeichen eines MCs bei Ausübung einer Straftat, etwa einer körperlichen Auseinandersetzung, schmückt, etwa um den Eindruck zu vermitteln, hinter ihm stünden im Bedarfsfall viele weitere Clubmitglieder oder Unterstützer. Dadurch aber wird die Straftat keine des Clubs, vielmehr bleibt es die Straftat Einzelner. Das Tragen einer Kutte ändert daran nichts. Somit wäre aber nicht eine Rockergruppierung, sondern maximal der Rocker kriminell.
Was ist eigentlich, wenn dieser bei Ausübung der Straftat gerade vom Angeln kommt und dabei seine Angelweste mit dem Aufnäher des Angelsportvereins trägt? Besorgniserregend könnte diese Gesetzesänderung auch auf Vereine der Fußball-Bundesliga wirken. Was geschieht mit deren Logo, nachdem der BGH im Januar 2015 entschieden hat, daß Hooligan-Gruppierungen kriminelle Vereinigungen sein können? Wenn die nun das Logo des Fußballvereins in ihrem eigenen Abzeichen führen…
Interessant wäre doch einmal die detaillierte Offenlegung der seit Jahren im Rockermillieu laufenden Ermittlungen. Bekanntlich wurden Clubhäuser verwanzt, Personen wurden observiert und abgehört, Kontrollen werden bei jeder Gelegenheit – und sei es ein Straßenfest für wohltätige Zwecke – durchgeführt u.s.w. Diese Offenlegung erfolgt wohl bereits deshalb nicht, weil dann sichtbar auf der Hand läge, daß diese stets beschworene Gefahr nicht ansatzweise das nennenswerte Ausmaß hat, welches immer wieder von der Polizei vorgebetet und von den Medien unhinterfragt nachgebetet wird. Organisierte Kriminalität (und damit ist nicht gemeint, daß es organisatorische Absprachen unter Tätern gibt) ist trotz intensiver Bemühungen bislang nicht wirklich gefunden worden!
Wie Hohn wirkt es da, wenn die Bundesregierung ausführt, sie wolle die persönliche Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger erhöhen. Mal abgesehen davon, daß Bürger, die Opfer von Straftaten werden, stets Unsicherheit empfinden, wird die hier in Bezug genommene „Normalperson“ im Regelfall nicht nur einen Kontakt mit Rockern kaum gehabt haben. Opfer von durch Rocker begangene Straftaten wird es unter diesen Bürgern kaum geben. Hierzu im krassen Gegensatz steht aber das von der Polizei und Politik dem Bürger erschaffene subjektive Sicherheitsempfinden. Die zielgerichtete Meinungsmache und das uferlose Auftreten von Polizei im Zusammenhang mit selbst den harmlosesten Veranstaltungen von Rockern, medial aufbereitet von dankbaren Schlagzeilenproduzenten, schüren im Volk Ängste. Der Rocker wird als Schwerkrimineller präsentiert, der nur durch mit Schutzwesten bekleidete Hundertschaften im Zaum zu halten ist. Wie fern dieses Zerrbild von der Realität ist, weiß derjenige, der mit Rockern zu tun hat und deshalb in der Lage ist, sich sein eigenes Bild zu schaffen.
Weshalb die Bundesregierung meint, mit dieser Gesetzesänderung effektiv Kriminalität zu bekämpfen, bleibt unklar.
Zunächst einmal wird die Kriminalitätsrate erhöht. Denn von da an ist schließlich jeder kriminell, der das Abzeichen eines der großen MCs mit verbotenen Chaptern trägt – oder ein solches, das den Abzeichen verbotener Clubs ähnlich ist.
Vorgeschoben wird, daß das Tragen der Abzeichen andere einschüchtert und deshalb Straftaten leichter (und somit häufiger) begangen werden könnten. Dieser Gedanke ist abgesehen von tatsächlich stattfindenden strafbaren Randerscheinungen (wie etwa bei Schlägereien o.ä.) eher unlogisch. Ist es nicht eher so, daß die Kriminalität Schwierigkeiten bereitet, die unkontrollierbar im Verborgenen stattfindet? Mafiöse Organisationen laufen bevorzugt eher unauffällig durch die Gegend, um eben nicht sofort als potentielle Straftäter erkennbar in Erscheinung zu treten und es damit der Polizei sowie Zeugen einfach machen würde, sie zu identifizieren, beobachten etc. Befragt man z.B. Restaurantbetreiber, wie die Personen aussahen, die „Schutzgeld“ gefordert haben, so wird man regelmäßig die Beschreibung normal gekleideter Personen erhalten. Auch wird man etwa beim grenzüberschreitenden Drogentransport keine Kuttenträger antreffen, sondern unauffällig gekleidete Personen. Waffen und Menschen werden wohl ebenfalls kaum von auffälligen Kuttenträgern geschmuggelt u.s.w. u.s.f.
Polizisten selbst erkennen übrigens sehr häufig den Vorteil des öffentlichen Tragen von Kutten / Abzeichen: So wissen sie jeweils, mit wem sie es tun haben. Das schafft doch möglicherweise mehr Sicherheit, als das Abschaffen sichtbarer Identifizierungsmerkmale.
Letztlich darf man auch nicht meinen, daß die betroffenen MCs nicht in der Lage wären, Modifikationen an ihren Abzeichen vorzunehmen, die dadurch mit denen des seinerzeit etwaig verbotenen Chapters nicht mehr identisch wären.
Mit dieser selbst erschafften Legende von kriminellen Rockergruppierungen im Rücken marschiert die Bundesregierung los und läßt die Bundeskanzlerin dem Bundestag einen Gesetzesentwurf (Kuttenverbot) vorlegen, der mit den Ausführungen des BGH im Urteil vom 09.07.2015 schwer in Übereinstimmung zu bringen ist.
Der BGH hat ziemlich deutlich festgestellt, daß verfassungsrechtliche Bedenken bzgl. der Regelungen im Vereinsgesetz nur durch eine sehr enge Auslegung dieser Vorschriften überwunden werden können. Es werden hier Grundrechte wie etwa Versammlungsfreiheit, Vereinsfreiheit, Meinungsfreiheit, allgemeine Handlungsfreiheit etc. betroffen, die eines Schutzes durch die streng verfassungskonforme Auslegung bedürfen. Dies wurde dadurch sichergestellt, daß für eine Verurteilung eine „Verwendungsabsicht“ hinsichtlich des verbotenen Abzeichens Voraussetzung war. Diese lag vor, wenn der Träger des Abzeichens sich mit den zum Verbot führenden Zielen eines verbotenen (Teil-) Vereines identifiziert hat. Sobald aber eine Distanzierung – etwa durch die Zufügung abweichender Ortsgruppenbezeichnungen – vorgenommen wurde, war das subjektive Element der Verwendungsabsicht nicht gegeben.
Dieses subjektive Willenselement wird nun im vorliegenden Gesetzesentwurf (Kuttenverbot) gestrichen. Abgestellt wird einzig auf das objektive Zurschaustellen eines Abzeichens. Explizit ausgeschlossen ist eine Distanzierung durch das Hinzufügen anderer Ortsnamen o.ä.
Aus diesem Grunde zeigt sich die Gesetzesänderung wohl als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Sollte es – womit zu rechnen ist – zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung kommen, wird dies zu einem Verbot des Tragens der bekannten Kutten führen, was zu einer Vielzahl von Strafverfahren führen wird. Von einer erstinstanzlichen Bestätigung der durch das neue Vereinsgesetz geschaffenen Strafbarkeit ist zunächst einmal auszugehen. So bleibt es wieder einmal den höheren Instanzen vorbehalten, diesem freiheitsbeschränkenden Treiben der Politik Einhalt zu gebieten, das zunächst „nur“ Rocker trifft, bald aber auch andere Gesellschaftsgruppen treffen könnte.
Jens Gunnar Cordes
Rechtsanwalt u. Fachanwalt f. Strafrecht
Kennzeichenverbot (Kuttenverbot) durch Änderung des Vereinsgesetzes
Find ig doch scheisse so was ich trage auch eine kutte bin deswegen nicht kriminell
Alles Schwachsinn
Sie sollten die Rocker in Ruhe lassen, der Tag wird kommen wo wir sie alle brauchen! !!!!!