Stellungnahme zum Beschluß des Bundestages vom 19.01.2017 zur Änderung des Vereinsgesetzes:
Verschärfung des Vereinsgesetzes, nun ist es also doch gekommen: Das Vereinsgesetz wird mit eindeutiger Zielrichtung „Rocker“ geändert. Wir haben da in Deutschland ja Erfahrungen mit, Gesetze zu erlassen, die einzelne Bevölkerungsgruppen ins Visier nehmen. Nur heute stehen uns Möglichkeiten zur Verfügung, auf einem langatmigen Rechtsweg den Handschuh aufzunehmen und sich der Auseinandersetzung zu stellen. Ob es auf der Ebene der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit oder erst auf europäischer Rechtsebene gelingt – ich bin zuversichtlich, daß das Vereinsgesetz in der nun beschlossenen Form überwunden werden kann!
Schon im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Innenausschuß des Bundestages, die auf eine Forderung der Linkspartei erfolgte, äußerten geladene Experten durchaus ernstzunehmende Zweifel an der Recht- und Verfassungsmäßigkeit des mit dieser Gesetzesänderung verbundenen Grundrechtseingriffs.
Dieses – so muß man es nennen – Sondergesetz gegen Rocker formuliert einen Generalverdacht gegen jedes Mitglied der betroffenen Clubs. Entlarvend ist, daß in einer Stellungnahme eines sogenannten Sachverständigen (Prof. M. Knape) offen gesagt wird „fullmembers“ dieser Clubs seien „kriminologisch als Intensivtäter einzustufen“. Damit wird der rechtsstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung (jeder gilt bis zum etwaigen Beweis seiner Schuld als unschuldig) umgekehrt, indem nunmehr jedes Mitglied zunächst pauschal als Krimineller betrachtet wird. Das ist diskriminierend, stigmatisierend und kriminalisierend.
Wie sieht es denn mit Fakten aus?
Obschon immer wieder gebetsmühlenartig die Rede davon ist, daß die Rockerclubs der organisierten Kriminalität zuzuordnen sind, hat es bis heute noch kein Verbot eines Chapters / Charters auf Grund solcher strafrechtlicher Vorwürfe („Menschenhandel und Drogenhandel“) gegeben. Auch ist bislang kein Member eines Clubs wegen des Straftatbestandes „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (§ 129 a StGB) verurteilt worden. Natürlich sind einzelne Mitglieder wegen verschiedener – auch schwerer – Straftaten verurteilt worden. Wieso sollte das dort auch anders sein als im Rest der Gesellschaft? Aber derartige empirische Fakten, die eine durchgehende kriminelle Struktur dieser Art bei den Clubs belegen könnte, existieren nicht.
Man kann sich überdies nur wundern, wenn die Befürworter dieser Gesetzesänderung wirklich glauben, daß mit diesem Colourverbot irgendein Erfolg zu erzielen sei. Es wird davon geredet, daß man den Rockern das Rückgrat breche (welche friedvolle Wortwahl…) und ihre Identität nehme, wenn diese ihre Kutten ablegen müßten und man sie so ihres wichtigsten Kleidungsstückes „beraubt“. Klar ist, daß Kutten natürlich nach wie vor getragen werden dürfen. Man kann allenfalls erreichen, daß die ursprünglichen Kennzeichen zumindest vorübergehend nicht mehr auf der Kutte getragen werden. Aber dann werden es eben andere, Rocker sind da überhaupt nicht einfallslos. Man wird schon erkennen können, welchem Club derjenige da angehört. Was hingegen zutreffend ist, ist die Ankündigung, daß man den Rockern etwas raube, also im Sinne des Strafrechts gewaltsam und widerrechtlich wegnimmt!
Ich kann auch nicht erkennen, weshalb irgendwelche Straftaten wirksam bekämpft oder vermieden werden sollten, wenn man Rockern ihr Colour nimmt. Mal abgesehen von denkbaren Verkehrsverstößen oder vielleicht mal einer körperlichen Auseinandersetzung werden erfahrungsgemäß Straftaten eher verdeckt begangen. Niemand würde z.B. Menschen, Drogen oder Waffen über Grenzen schmuggeln und dabei eine Kutte mit Colour tragen, um sich einer genauen Untersuchung durch Polizisten sicher zu sein… Und warum eine von den so gerne karikierten Schreckgestalten (über 2 Meter, über 120 kg, tätowiert, muskulös) weniger einschüchternd wirken sollte als eine Person in Kutte, klingt ebensowenig einleuchtend.
Wenn aber im Ergebnis eine weitestgehend wirkungslose Gesetzesänderung in die grundrechtlichen Postulate des Prinzips freier sozialer Gruppenbildung, in die Vereinigungs- und Betätigungsfreiheit sowie das Namensrecht eingreift, dann drängt sich die Erkenntnis auf, daß es sich hier um ein werbewirksames Wahlkampfmanöver auf dem Rücken einer abgrenzbaren Bevölkerungsgruppe handelt, um von größeren Problemen abzulenken, an denen die Politik machtlos scheitert.
Es liegt ein langer Weg vor uns. Ich bin aber zuversichtlich, daß am Ende dieses dunkle Kapitel trauriger Rechtsstaatslosigkeit erfolgreich überwunden wird!
Jens Gunnar Cordes
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
Was wäre das Geschrei bei manchen Gruppen groß, wenn man gegen diese vorgehen und zum Beispiel, wie bereits öfter gefordert, Verschwendung von Steuergeldern als Straftat verfolgen würde?
Sicherlich gibt es Straftaten bei Rockern, aber auch bei anderen Gruppen, wie zum Beispiel Jugendlichen.
Gegen wen oder was wird danach wohl geistlos vorgegangen?
Erstmal waren es die ach so gefährlichen “Kampf”hunde.
Dann Rocker die einen normalen Menschen nichts tun.
Doch sie tun was!
Wie zum Beispiel sowas!
https://youtu.be/ohVB-wDt3-g
In fast jeder politischen Partei, gibt es Mitglieder die Straffällig geworden sind ( Kinderpornografie, Steuerhinterziehung usw. ) Dann müsste ja auch die gesammte Partei verboten werden. Aber wie es hier in Deutschland ja immer so schön ist, die Politiker drehen sich die Gesetze so hin, wie es Ihnen grade passt.